Städtische Schrottsammler

Vor einigen Jahren beschloss München: Wir werden Radlhauptstadt. Danach folgte ein massiver Ausbau der Radwege, Radfahrstreifen und Schutzstreifen – vielerorts zu Lasten des Autoverkehrs. Aber egal, heute kann man sagen: Ziel erreicht, noch nie waren so viel Bike-Fans in München unterwegs wie derzeit.

Doch mit dem Bike-Hype kamen auch die Probleme. Denn in Fußgängerzonen, an Bushaltestellen oder auf öffentlichen Grünflächen gibt es kaum noch Schilderpfosten, Laternenmasten oder Werbeaufsteller, die nicht von wild parkenden Rädern umzingelt wären. So mancher vierbeinige Freund des Menschen hat daher mittlerweile Probleme, sein Revier zu markieren.

Doch nur deswegen ist die Stadt vor einiger Zeit nicht zur Gegenoffensive übergegangen und hat dem abgestellten Radlwust den Kampf angesagt. Vielmehr werden immer öfter offiziell bereitgestellte Fahrradständer oder sonstige Abstellgelegenheiten im öffentlichen Raum von Rädern besetzt, die angesichts ihres desolaten Zustands eigentlich nicht mehr als diese bezeichnet werden können. Und das will man unterbinden.

Das Baureferat setzt nun auf ein Verfahren, das bereits auf Privatflächen der MVG praktiziert wird. Demnach gilt ein Fahrrad als aufgegeben, wenn „wichtige Teile wie Rahmen, Felgen, Reifen, Lenker oder Kette fehlen“. Okay – aber das liegt oftmals nicht nur am Ex-Besitzer des Drahtesels, sondern an „kostenbewußten“ Bikern, die sich ungeniert an diesen praktischen Ersatzteillagern bedienen.

Hinweisschild auf die Fahrradentfernung – mit Verweis auf die Banderole mit Datumsangabe.

Diese Räder werden zunächst mit einer Banderole markiert. Nach vierwöchiger Frist werden die Räder mit unversehrter Banderole entfernt. Noch einmal sechs Monate später werden sie verwertet oder entsorgt, berichtete die Süddeutsche bereits 2015 von dem Pilotversuch, der nun umgesetzt wurde.

Das mit der Banderole hat aber einen Haken. Zwar findet man diese Hinweise tatsächlich immer öfter, aber oftmals fehlt das Datum, wann die Banderole angebracht wurde. Entweder wurde von den öffentlichen Schrottsammlern vergessen, das Datum zu notieren, oder aber die Aufschrift ist mittlerweile in der Sonne verblasst.

Banderole ohne Datum – übrigens an einem Rad, das nicht schlecht ausgesehen hat.

Aber es gibt noch andere Kriterien für einen offensichtlich „aufgegebenen“ Drahtesel – nachzulesen auf einem eigens eingerichteten Internetportal: Diese lauten „verstaubt an Sattel und Griffen“, „Schutzbleche verbogen“ oder „vermüllter Transportkorb“.

Wer schon einmal sein Fahrrad eine Woche in Party-Hotspots wie etwa dem Glockenbach-Viertel abgestellt hat – warum auch immer – wird bald merken, dass sein Drahtesel – dank alkoholbedingtem Vandalismus – zumindest den Merkmalen „verbogene Schutzbleche“ oder „vermüllter Transportkorb“ entspricht.

Unser Tipp: Wer seinen Drahtesel irgendwo abstellt, etwa um ihn regelmäßig als Transportmittel zwischen Wohnung und der nächsten Haltestelle des ÖPNV zu nutzen, sollte mindestens einmal in der Woche mit Putzlappen und Müllsack vorbeikommen, um seinem Bike wieder frischen Glanz zu verleihen.