Alte Schätze hinterm Nachkriegsputz

In München wird gebaut, was das Zeug hält. Logisch, bei den herrschenden Nullzinsen werden den Bauherren die Immobilienkredite praktisch nachgeworfen. Also hat sich die Deutsche Bahn vor einiger Zeit daran gemacht, den gesamten Hauptbahnhof abzureißen und wieder neu aufzubauen.

Praktisch gegenüber, am Bahnhofsplatz 7, wird seit einigen Monaten ebenfalls kräftig renoviert und saniert. Die österreichische Immobilienfirma Signa, Eignerin des Kaufhauskonzerns Karstadt, will das denkmalgeschützte „Hertie“-Gebäude wieder in altem Glanz erstrahlen lassen – um dann dahinter einen neuen Hochglanz-Shopping-Tempel zu bauen.

Na, ja, Baustellen ist man ja schon gewohnt in München. Gefühlt gibt es mehr Straßen mit entsprechenden Absperrungen als ohne. Aber am Bahnhofsplatz sind die Baustellen interessant geworden, denn die Abrissbirnen legen das alte München frei – wie ein Blick über die Bauzäune zeigt.

Der ehemalige Centralbahnhof

Als 1847 das alte Bahnhofsgebäude niederbrannte, wurde ein „Neubau“ nach den Plänen des Architekten Friedrich Bürklein errichtet – innerhalb von zwei Jahren. Die DB plant für ihren neuen Bahnhof übrigens fünf Jahre.

Die Gebäude im Rundbogenstil mit Formen der Romanik und der italienischen Renaissance bestanden aus gelbem und rotem Backstein, für einzelne Bauelemente wurden auch Sand- und Kalkstein verwendet.

Und genau diese Rundbögen sind jetzt wieder zum Vorschein gekommen, nachdem die große Bahnhofshalle – ein maroder Bau aus der Nachkriegszeit – nun abgerissen wurde.

Das Bahnhofsgebäude um 1937. Im Hintergrund erkennt man an der großen Bahnhofshalle die alten Rundbögen. (Quelle: Stadtarchiv)
Die ehemaligen Rundbögen im Detail. (Quelle: Stadtarchiv)
Nachdem die alte Bahnhofshalle aus den 50er-Jahren abgerissen wurde, kamen die alten Rundbögen wieder zum Vorschein.

Warenhaus Hermann Tietz

Wie oben erwähnt, wird auch das denkmalgeschützte Gebäude gegenüber gerade renoviert. Es handelt sich um das ehemalige „Hermann Tietz Warenhaus“, das in den Jahren 1904 bis 1905 nach Entwürfen des Münchener Architekten Max Littmann errichtet wurde. In der Gestaltung des Baukörpers bediente sich Littmann, dem historisierenden Zeitgeschmack folgend, Elementen der deutschen Renaissance.

Das Warenhaus Hermann Tietz um 1907. (Quelle: Stadtarchiv)

Mit der Arisierung im Dritten Reich wurde die Familie Tietz enteignet, sodass bereits 1935 der Schriftzug „Hermann Tietz“ verschwand und auf schnörkellosem Putz der „neue“ Firmenname Hertie prangte. Erst die Vorbereitungen für die jetzige Renovierung des „alten“ Herties brachte die ehemals repräsentative Pracht wieder zum Vorschein.

Man erahnt die alte Pracht. Die Rundbögen waren jahrzehntelang zugemauert.
Eingang zum Warenhaus Hermann Tietz um 1907 mit dem prächtigen Wandschmuck. (Quelle: Stadtarchiv)
Ein Eckrelief und das Rundfenster kommen jetzt wieder zum Vorschein.