Mogelpackung Rindermarkt

Schon klar: Am Rindermarkt in München wird seit ewigen Zeiten kein Lebendvieh mehr verkauft. Aber darauf bezieht sich die Bezeichnung „Mogelpackung“ auch nicht. Vielmehr geht es um die Bushaltestelle Marienplatz (Rindermarkt). Sie wurde ursprünglich für die Linie 52 eingerichtet, die aufgrund der Hugendubel-Baustelle den Marienplatz nicht mehr direkt anfahren konnte.

Daher wurde bereits vor eineinhalb Jahren vom Stadtrat die neue Haltestelle Rindermarkt im Rosental beschlossen. Das wäre, so offizielle Stellungnahmen, im Sinne vieler Fahrgäste gewesen, die jetzt wieder nur wenige Gehminuten zum Marienplatz hätten. Und weil die Buslinie 62 ebenfalls durchs Rosental fährt, konnte die neue Haltestelle gleich auch für diese Linie verwendet werden – in beiden Richtungen. Alles in allem also ein toller Service der MVG.

Nun muss man wissen, dass vor der neuen Haltestelle Rindermarkt der Bus am St.-Jakobs-Platz hält. Von dort sind es geschätzte 100 Meter um die Ecke zur Haltestelle Rindermarkt. Weitere maximal 100 Meter weiter hält der 52er schon wieder – erneut einmal ums Eck – am Viktualienmarkt.

Und nun zur Mogelpackung: Vor dieser Änderung waren es beispielsweise von der Haltestelle Waltherstraße – einer Wohngegend mit vielen älteren Mitmenschen – bis zum auch und vor allem bei älteren Münchnern beliebten Viktualienmarkt – vier Haltestellen oder ein Streifen auf der Streifenkarte.

Aufgrund der zusätzlichen Haltestelle Rindermarkt kommen die Menschen von der Waltherstraße, die nicht über eine Tages-, Wochen- oder Monatskarte oder gar über ein Jahres-Abo mit mindestens zwei Ringen verfügen, mit einem Streifen zu 1,40 Euro nur noch bis zum St-Jakobs-Platz. Wer direkt von der Waltherstraße zum Viktualienmarkt möchte, muss nun zwei Streifen stempeln – quasi eine Preiserhöhung von 100 Prozent (!)

Das ist im Prinzip genauso, als wenn man im Supermarkt für das gewohnte Waschmittel zwar den gleichen Preis bezahlt, aber die Packung kleiner wurde. Das rechnet sich für den Waschmittelhersteller genauso, wie die neue Haltestelle für die MVG. Ein kleine Modellrechnung:

Laut Fahrplan fährt die Linie 62 von kurz nach sieben Uhr morgens bis kurz vor acht Uhr abends rund 100 Mal von der Waltherstraße bis Viktualienmarkt. Angenommen, pro Fahrt benutzen durchschnittlich zehn Fahrgäste mit Streifenkarte den Bus auf genau dieser Strecke – also 1000 Menschen. Sie alle müssen aufgrund der Haltestelle Rindermarkt einen Streifen mehr entwerten. Pro Tag macht das Mehreinnahmen für die MVG von 1400 Euro. Im Monat sind das – grob gerechnet – rund 30.000 Euro und im Jahr 360.000 Euro. Rein theoretisch gilt das gleiche auch für die Gegenrichtung. Ein guter Deal also für die MVG – wenn alle Fahrgäste tatsächlich stempeln.